Moma 10.99 InhaltsverzeichnisWählen und MitbestimmenDie Subjekte der eigenen Befreiung |
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Daniel Lampart | Editorial |
Bernd Körner | TAGEBUCH Wenig Bewegung in den Betrieben |
THEMENKREIS: MITBESTIMMUNG | |
Redaktionsgespräch mit Hans Schäppi und Willy Spieler |
Subjekte
der eigenen Befreiung Wo bleibt die Forderung der Linken nach Mitbestimmung |
Hans Baumann | Neue
Mitsprache-Projekte der EU Mehr Demokratie in europäischen Unternehmen? |
Andrea Weik | Gewerkschaftliche
Demokratisierung Europas Zur Schaffung europäischer Öffentlichkeit |
Daniel Lampart | Zehn
mal reicher als Bill Gates Angestellte könnten Betriebe kaufen |
Ueli Mäder | "Die
Zukunft ist offen" Für eine solidarische Gesellschaft |
Wolf Linder | Demokratie
und Integration EU-Beitritt und schweizerische Demokratie |
Susanne Kramer-Friedrich | Was
kostet die Demokratie? Zu billig und doch zu teuer |
Florian Wick | Riss im Hirn Neues Buch zur Schweizer Psychiatriegeschichte |
Editorial | Demokratie im
Grossformat
Die Schweizer Politik ist im Bann der National- und Ständeratswahlen. Die Bevölkerung wählt RepräsentantInnen, der Vorgang ist vor allem als Medienspektakel wahrnehmbar. Populisten kramen vor laufender Kamera in Frauenunterwäsche. In einem Internetspiel werden Sitze als Aktien gehandelt. Allerorten Spielchen und Events, bei denen wir uns ein paar Figuren aussuchen können, die wir dann als Treffer auf einen Wahlzettel krakeln werden. Verkommt die Demokratie zu einer "Führerwahl", wie J. A. Schumpeter behauptet hat? Dieser Demokratie im Zettelformat wollen wir einen Entwurf im Grossformat entgegenhalten. Demokratie bedeutet grundsätzlich Mitbestimmung aller, und zwar nicht nur im politischen Bereich der Gesellschaft. Am Arbeitsplatz herrschen nach wie vor meist undemokratische, autoritäre Verhältnisse. Wer kein Bürgerrecht besitzt, ist in der Regel von den politischen Entscheidungsprozessen seines Wohnorts ausgeschlossen. Die wirtschaftlicheVersorgung wird bewusst und explizit undemokratisch über einen gewinnorientiertes "Marktprinzip" geregelt. Doch führt die Demokratisierung dieser Bereiche tatsächlich zu einer demokratischeren Gesellschaft? Die SVP und Schweri lancieren die "Maulkorb"-Initiative, weil sie davon ausgehen, dass sie über das "Volk" ihre chauvinistischen und wirtschaftsliberalen Forderungen durchbringen. GewerkschafterInnen erleben auf Baustellen, dass die Mehrheit der Bauarbeiter aus der Schweiz und aus Italien ihre Probleme am Arbeitsplatz vor allem in den Kollegen aus Ex-Jugoslawien verkörpert sehen. Die Ethnie dominiert zur Zeit mancherorts die Demokratie. Damit, so ist zu befürchten, würde die Demokratisierung der Gesellschaft gerade in ihr Gegenteil gewendet. Die Partizipation aller führt zur Tyrannei einer ethnischen Mehrheit, die Demokratie dazu missbrauchen wird, diejenigen Minderheiten, die ihr nicht passen, zu vertreiben. Trotzdem, die Bevormundung weiter Bevölkerungskreise in den meisten gesellschaftlichen Bereichen bleibt mit Demokratie unvereinbar. Wir haben in dieser Nummer daher versucht, politisch realisierbare Wege zur Demokratisierung der Gesellschaft zu finden, und wir haben uns gefragt, ob nicht gerade die Demokratisierung an der Basis der Gesellschaft ein komplementärer Weg ist zu den Weltinstitutionen, die man gegen die internationalisierte Wirtschaft antreten lassen will. Eines jedenfalls ist klar: Die Entwicklung erfolgt in kleinen Schritten, und zu diesen gehört auch die Wahl von linken National- und StänderätInnen! Daniel Lampart |
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