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Moma 11.2000 – Inhaltsverzeichnis

Humanitärer Militarismus?

Roland Brunner Editorial
Dario Fo TAGEBUCH
"Ein zu schönes Geschäft"
 Redaktionsgespräch

mit Geert van Dok, Günther Baechler, Renate Schoch

Humanitärer Militarismus?

 

Hans Hartmann Statt Einsamkeit Gemeinsamkeit 
Die Schweiz sucht Anschluss durch die Hintertüre
Pierre Sané Soldaten im Namen der Menschenrechte
Statt intervenieren: Trägodien verhindern
Interview mit Frauke Seidensticker Über Menschenrechte und Militär
"Sicherheitspolitik findet nicht im VBS statt"
Kim Richard Nossal Aus Bullen werden Bären 
Zur Privatisierung des Krieges in den 90er-Jahren
Dieter Reinhardt Humanitäre Heuchelei
Was humanitäre Hilfe ist bestimmen Regierungen
Konrad Raiser Ethik und humanitäre Intervention
Ausbruch aus der militärischen Logik angezeigt
Diskussion des Fachbereichs Aussenpolitik der deutschen Grünen Menschenrecht und Gewaltverzicht? 
Leitbilder grüner Friedens- und Sicherheitspolitik
Barbara Müller Allianzen für den Frieden
Ein neuer Orientierungsrahmen für Friedensarbeit
Editorial Frieden ist eine Interessensfrage

"Die wahre Kritik analysiert nicht die Antworten, sondern die Fragen." Dieser Satz von Marx trifft im Moment wohl nirgends so zu wie auf die Auseinandersetzungen um "Sicherheitspolitik".

Der Zerfall der Sowjetunion liess den grossen Kalten Krieg in kleine heisse Kriege aufgehen. Aus der Kontrolle der Blockkonfrontation entlassen, bleiben viele Staaten dem Zerfall der Macht, der globalisierten Ausbeutung und sich selbst überlassen. Nach dem Scheitern östlicher wie westlicher Modernisierungsmodelle bleibt nur das Ausschlachten der Modernisierungsruinen – und die Moralisierung der Weltpolitik. Wer sich dem Diktat der neuen Weltordnung nicht fügt, wird von ihren Sheriffs mit Menschenrechtsdeklarationen und Bombenhagel zur Raison gebracht, wo dies den – von reichen Industriestaaten zum Menschheitsanliegen deklarierten – Interessen entspricht. Der Neomilitarismus solcher nicht erklärter Kriege mitten im Frieden ist die logische Konsequenz aus dem Neoliberalismus und den von ihm bedingten Konflikten und Krisen.

Um den meist innerstaatlichen Kleinkriegen das Waffenpotenzial zu entziehen, wird viel von einer Kontrolle des Handels mit Kleinwaffen geredet. Thomas Gebauer, Geschäftsführer von medico international, schreibt: "Nicht vagabundierende Kalaschnikows sind das Problem, sondern die sozialen Verhältnisse, die zum Einsatz solcher Waffen motivieren und ein Geschäft mit ihrem Handel versprechen" (iz3w Nr. 238). Die wahre Kritik fragt danach, wer ein Interesse daran hat, diese Umstände und Machtverhältnisse zu verändern – und wer sie verewigen will.

Weltweit findet seit rund zehn Jahren eine Neulegitimierung traditioneller Verteidigungsarmeen als Friedenstruppen statt. In der Schweiz positioniert sich die Armee neu, indem Bundesrat Ogi sie – zum Teil sogar mit linker Unterstützung – von Landesverteidigung auf Auslandeinsatz umdisponiert. Im Namen der Menschenrechte und gegen humanitäre Katastrophen müsse Krieg geführt werden. Auf dieser "Baustelle des Friedens" habe auch die Schweiz ihre Solidarität zu beweisen.

Die Reduktion des Denkens und Handelns angesichts von Krisen und Kriegen auf die Alternativen "Bomben" oder "Nichts-Tun" führt zur Militarisierung der Konfliktpolitik. Dabei sollte der Nato-Krieg gegen Jugoslawien und die unblutige Revolution in Serbien auch die letzten davon überzeugt haben, dass Demokratie nicht herbeigebombt werden kann, sondern von unten erkämpft werden muss.

In den nächsten Monaten stehen mehrere Vorlagen auf der politischen Agenda, die zeigen werden, ob die Schweizer Aussenpolitik ins Schlepptau des Militarismus genommen wird, oder ob es gelingt, den Ausbau ziviler Handlungsfähigkeit an die Hand zu nehmen. Friede ist eben nicht die Fortsetzung des Krieges mit den gleichen Waffen, sondern immer noch das Gegenteil davon.

Roland Brunner

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