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Moma 6/7.99 – Inhaltsverzeichnis

Kein Krieg

 

Florian Wick Editorial
Andjela Das Absurde ist unser Schicksal
TAGEBUCH
Redaktionsgespr?h mit Walter K?in Spiel mit dem Feuer
Barbara Haering und Peter Hug Die SP sucht eine Position
Maja Wicki Faschismus heute? Krieg heute?
?erlegungen zur aktuellen Urteils?erforderung
Josef Lang Globaler Leviathan Nato?
Shraga Elam Auschwitz liegt nicht im Kosovo
Judenvernichtung und serbische Vertreibungspolitik
Kurt Seifert "Moralische Aufr?tung" in Deutschland
Heinz Gabathuler Krieg in postmodernen Zeiten
Mythen einer desorientierten Gesellschaft
Roland Brunner "Freiheit von den Serben"
Die kosov@-albanische Befreiungsbewegung U?
Roland Brunner Und wenn alles anders gewesen w?e?
Stasa Zajovic Land der Mobilisierung, Apathie & Magie ...
Belgrad am Vorabend des Nato-Krieges
Violeta Orosi und Roland Brunner Agani get?et und den Dialog getroffen
Anthony Bordon Ohne Abkommen ist der Krieg unvermeidlich
Das letzte Interview mit Professor Fehmi Agani in Pristina
Florian Schneider Zivile Ziele
Mark Terkessidis Die Fiktion vom wilden Balkan
Lesehilfen zu Ex-Jugoslawien f? Uneingeweihte
Editorial Tatenvoll und gedankenarm

Der Krieg im Koso@ geht in seinen dritten Monat. Dass Milosevics m?derischem und menschenverachtendem Regime Einhalt geboten werden muss, dar?er sind sich (fast) alle Gruppierungen einig: die f? die Nato-Bombardierungen sind, die dagegen sind und all diejenigen mit "Krieg plus"- und "Krieg minus"-Optionen. Die brennende Frage aber, die seit Wochen Medien und Politik besch?tigt, lautet: Welche Mittel sind einzusetzen, um den vertriebenen und verfolgten Kosov@-AlbanerInnen die Unterst?zung zukommen zu lassen, die sie brauchen, um in ihre Heimat zur?kzukehren und dort ein Leben in gesicherten, demokratischen und rechtsstaatlichen Verh?tnissen zu leben?

An dieser Frage zerbrechen politische ?erzeugungen. W?rend bei den Gr?en in Deutschland die Farbbeutel quer durchs Lager fliegen (vgl. S. 27f.), sehen die Gr?en Schweiz die Milit?schl?e unterdessen als "entsetzlichen Irrtum" an. Die gespaltene SP Schweiz kann sich hingegen ?er ein Positionspapier zum Krieg (S. 13ff.) nicht einig werden. Wir werden damit ZeugInnen eines Diskurses, der schon w?rend des Golfkrieges gef?rt worden ist: Jene, die diese Eins?ze als v?kerrechtswidrig kritisieren und der Nato und ihrer F?rungsmacht USA eigenn?zige Motive ankreiden, werden in den grossen Topf der Gesinnungsethiker, lies: Gesinnungsnaivlinge geworfen. Sie erkl?en angeblich ihre Kriegsgegnerschaft mit "bizarren Argumenten", es gehe ihnen in erster Linie um "mehr oder weniger radikale Kriegsgegnerschaft oder einen leidenschaftlichen Antiamerikanismus" (Tages-Anzeiger, 30. April 1999).

Nun ist eine Verantwortungsethik, die sich nicht nur mit vornehmen Prinzipien abgibt, sondern die Folgen von Handlungen rational und n?htern analysiert, einer blinden Gesinnungsethik vorzuziehen. Die Kriegsbef?worterInnen sind auch der Ansicht, auf verantwortungsethischer Basis zu argumentieren. Der Verlauf des Krieges l?st aber die Frage aufkommen: Welche Seite denkt verantwortungsethisch? Die Bef?worterInnen der Bombardierungen? Diese haben bisher keinerlei gangbare L?ungen herbeigef?rt, sie treffen neben den unz?ligen Opfern unter den Kosov@-Albanern auch die serbische Bev?kerung und zerst?en auch ihre Infrastruktur, strafen das m?sam erarbeitete Uno-System der Kriegseind?mung und Friedenssicherung Hohn (zum V?kerrecht vgl. S. 5ff.), haben f? die Umwelt verheerende Folgen, destabilisieren die Situation in den Nachbarl?dern weiter und lassen f? die vielen Krisenregionen und Minderheitenproblem auf dem Balkan Ungutes erahnen. Oder die GegnerInnen, die auf all diese Missst?de aufmerksam machen, auch auf die eigenartige Tatsache, dass f? die Menschenrechte in der T?kei (Kurdistan, Zypern), in Pal?tina, in China, Indonesien, Kolumbien usw. keine humanit?en Interventionen er?tert werden, hingegen Briten und Amerikaner weiterhin den Irak ohne Uno-Mandat bombardieren?

Sind also die "naiven" Gesinnungsethiker nicht auf der Seite der Kriegsbef?worterInnen zu suchen? Zeigt sich bei ihnen nicht, "dass sich die scharfsinnigsten Menschen pl?zlich einsichtslos wie Schwachsinnige benehmen, sobald die verlangte Einsicht einem Gef?lswiderstand begegnet", wie es Sigmund Freud zum Ersten Weltkrieg formuliert hat (vgl. S. 17ff.)? Tatenvoll, aber gedankenarm? Sich diesem "Gef?lwiderstand" entgegenzustemmen erfordert, dass alle Seiten untersucht werden Nationalismus jeder Art f?rt, einmal entfesselt, ins Verderben (vgl. S. 35ff.). Und all die Hunderttausende von B?gerInnen Europas stehen ratlos im 24-Stunden-Mediengewitter. Gewagte Vergleiche werden angestellt oder kolportiert: Milosevic sei Hitler, Clinton sei Hitler... Gewagte Vergleiche zwischen weitgehend Unvergleichbarem (S. 25). Bleibt zu hoffen, dass die politisch Bestimmenden endlich den Faden aufnehmen, der aus dem Labyrinth herausf?rt, die Bombardierungen abbrechen und friedliche L?ungen suchen denn politisch, sozial und rechtlich vertretbare Alternativen gab es - und gibt es noch.

Florian Wick

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