Moma 3.2000 InhaltsverzeichnisFrauenöffentlichkeitProvokation zur Sensibilisierung |
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Susanne Kramer-Friedrich | Editorial |
Redaktionsgespräch mit Andrea Büchler und Lynn Blattmann | Die
Provokation zur Sensibilisierung Wendig und undogmatisch: Frauen an der Öffentlichkeit |
Barbara Marti | Revolutionen keine Meldung
wert Themen von Frauen interessieren Medien nicht |
Doris Stump |
Forderungen vs. Pfründenpolitik Der lange Weg zu den Gender Studies |
Reinhild Traitler |
Jüngere Frauen in der Politik "Es hat mein Leben auf den Kopf gestellt" |
Bettina Lehmann | Frauen auf Draht Die Suche nach Frauen im Internet |
Therese Frösch |
"Frauen an den Krisenherd" Zu einem Friedenspodium |
Helga Habicht |
Frauen und Frieden – die andere Optik NGOs setzen weltweit andere Akzente |
Natalie Imboden |
Für Vielfalt und Veränderungen Weltmarsch der Frauen 2000 |
Susanne Rohner | Gleichstellung lässt auf
sich warten Zur Abstimmung über die Quoteninitiative |
Ursula Knecht |
Labyrinth Platz ist Frauenplatz Eine zündende Idee findet Anhängerinnen |
Barbara Rettenmund |
Frauen wetzt die Waffen "Nicht-fraulicher Art": Frauenstreiks |
Die andere Hälfte des Himmels Frauenzeitschriften über sich Besprechungen und Hinweise |
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Editorial |
Frauen wollen Öffentlichkeit
Es ist bei MOMA gewissermassen ein Gentlemen’s Agreement zum 8. März, dem internationalen Tag der Frau, ein Frauenheft herauszubringen. Dass es solche Agreements überhaupt braucht, zeigt, wie Frauen in der Öffentlichkeit stehen: Entweder werden sie übersehen, oder ihre Anliegen "interessieren" nicht, oder aber sie werden auf den Blickwinkel reduziert, der sie zur "öffentlichen Frau" degradiert, zur "femme publique", die sich prostituieren muss. Denn wenn Sexualität, Pornografie oder Perversion thematisiert werden, oder wenn Frauen in traditionelle Männerberufe eindringen oder in exotische Männerbastionen wie Zünfte, Schützenvereine, Studentenverbindungen, sind die Medien zur Stelle. Damit transportieren sie die überholte Definition von Gleichstellung, dass Frauen mit Männern gleichziehen müssten, um gleichwertige Menschen zu werden. Solange sich solches gut verkauft, wird es dabei bleiben. Dass über die Jahresversammlung eines Jagdverbandes von 6000 Mitgliedern berichtet, aber gleichentags die Resolution zur Mutterschaftsinitiative an der Jahresversammlung des Evang. Frauenbunds der Schweiz mit 60’000 Mitgliedern unterschlagen wurde, zeigt, wie Frauen in der Öffentlichkeit nach wie vor unsichtbar gemacht werden (siehe die Recherche von Barbara Marti S. 9) Aber Frauen lassen sich nicht unterkriegen. Der 8. März wird dieses Jahr zum Auftakt einer globalen Aktion: Der Welt-Frauenmarsch 2000 mit Start in Genf, Abschluss Mitte Oktober in Basel, Brüssel und New York – und dazwischen weltweit mit unzähligen Aktionen, die die rechtliche, wirtschaftliche, politische und kulturelle Diskriminierung von Frauen öffentlich machen. Werden Frauen sich so zahlreich daran beteiligen, dass sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden müssen? (Mehr auf S. 21) Die Medien spiegeln die Realität und verstärken sie zugleich. Auf allen Ebenen dominieren nach wie vor männliche Akteure und Frauen sind in den wirtschaftlichen wie politischen Gremien noch immer krass untervertreten. Sind Lenkungsmassnahmen wie Frauenlisten oder Frauenquoten taugliche Instrumente zur Verwirklichung der Gleichstellung, die zwar auf dem Papier existiert, aber nicht in den Köpfen? Sind Geschlechterquoten, wie sie die Quoteninitiative einführen möchte, unerlässlich auf dem Weg zur egalitären Gesellschaft? Darüber diskutieren wir im Redaktionsgespräch mit der Historikerin Lynn Blattmann, feministische Unternehmensberaterin Zürich und der Juristin Andrea Büchler, Basler Grossrätin FraB, die ihre Entwicklung von provokativen zu situativen feministischen Strategien nachzeichnet. Zu beachten ist dazu überdies der Artikel von Doris Stump über Gender Studies in der Schweiz, S. 11. Das Heft lässt Frauen mit ihren persönlichen Erfahrungen, Meinungen und Einschätzungen zu Wort kommen, die mit ihrer konkreten, basis-politischen Arbeit Öffentlichkeit schufen und schaffen. Besonders beschäftigen uns von der Redaktion die Existenzprobleme von Frauenzeitschriften mit Niveau (siehe S. 27), die jede auf ihre Weise ein Stück Frauenöffentlichkeit waren, sind und hoffentlich – bleiben werden. Susanne Kramer-Friedrich |
© MOMA 8031 Zürich |